Die Rokid Glasses feierten auf der IFA 2025 in Berlin ihr Debüt und versprechen nichts weniger als die nächste Generation smarter Brillen. Im Gegensatz zu reinen Audio-Brillen wie den Ray-Ban Meta verfügen sie über integrierte Displays und bringen dabei nur 49 Gramm auf die Waage. Zeit für einen ersten Praxistest am Messestand.
Erster Eindruck: Federleicht und erstaunlich unauffällig
Das ultraleichte Gestell aus Magnesium-Aluminium-Legierung überrascht beim ersten Aufsetzen positiv. Die 49 Gramm sind kaum spürbar, die Brille sitzt angenehm und fällt im Alltag nicht als Tech-Gadget auf. Das Design ist bewusst dezent gehalten – nach wenigen Minuten vergisst man fast, eine smarte Brille zu tragen, wären da nicht die dezenten grünen Displays, die sanft im Sichtfeld aufleuchten.
Die Verarbeitung macht einen durchweg soliden Eindruck. Trotz des geringen Gewichts wirkt das Gestell robust und alltagstauglich. Ein cleveres Detail für Brillenträger: Magnetische Korrekturlinsen bis minus 6 Dioptrien sollen sich problemlos anbringen und wieder abnehmen lassen.
Das Display als Game-Changer
Das Herzstück der Rokid Glasses sind die beiden integrierten Micro-LED-Displays, die Informationen direkt ins Sichtfeld projizieren. Die monochromen grünen Displays bieten eine Auflösung von 480 × 398 Pixeln pro Auge bei beeindruckenden 1.500 Nits Helligkeit. Das ist genug, um auch bei Tageslicht gut lesbar zu sein.
Das 23 Grad-Sichtfeld der Einblendung ist für meinen Geschmack gut gewählt: groß genug für alle wichtigen Informationen, aber klein genug, um nicht zu stören. Besonders praktisch ist es, dass beim Fotografieren ein Fadenkreuz im Display erscheint, das präzise zeigt, was die Kamera erfasst. Das löst ein bekanntes Problem der Ray-Ban Meta elegant, bei der man oft nur schätzen kann, was tatsächlich im Bildausschnitt landet.
Überraschend gute Kamera und durchdachte Bedienung
Die integrierte 12-Megapixel-Kamera mit Sony IMX681-Sensor und 109-Grad-Weitwinkel leistet unter Messebedingungen einen guten Job. Die Bildqualität der Fotos scheint auf ähnlichem Niveau wie bei der Ray Ban Meta. Details werden scharf dargestellt, die Farben wirken natürlich und ausgewogen.
Die Bedienung erfolgt ebenfalls wie bei der Ray Ban Meta intuitiv über einen Knopf auf der Oberseite des rechten Brillenbügels: kurzes Drücken für Fotos, längeres Halten für Videos. Die Kamera nimmt Videos in einer ungewöhnlichen 1680p-Auflösung auf, unterstützt von HDR-Modus und digitaler Bildstabilisierung. Eine dezente LED signalisiert der Umgebung, wenn gerade aufgezeichnet wird – ein wichtiges Feature für den respektvollen Umgang mit der Privatsphäre anderer. Auch das ist ähnlich wie bei der Ray Ban Meta umgesetzt. Der riesige Unterschied jedoch: Rokid unterstützt bei Fotos und Videos neben dem Hochformat auch das Querformat, was deutlich mehr Möglichkeiten bietet.
KI-Integration macht den Unterschied
Die Integration von ChatGPT verwandelt die Rokid Glasses in einen vollwertigen KI-Assistenten am Kopf. Besonders beeindruckend soll die Echtzeit-Übersetzung sein: Die Brille erkennt gesprochene Sprache und blendet Untertitel direkt im Display ein. Dabei unterstützt sie stolze 89 Sprachen, fünf davon funktionieren sogar komplett ohne Internetanbindung dank eines eigenen Sprachmodells.
Der Presenter-Modus zeigt Teleprompter-Text direkt im Sichtfeld an – ideal für Vorträge, Präsentationen oder Youtube-Videos. Die Navigation durch die Menüs klappt nach kurzer Eingewöhnung problemlos über die Touch-Bedienung am Brillenbügel.
Sound überzeugt, Navigation per Display
Sicherlich ist kein umfassendes Klangprofil auf einer Messe mit lauter Umgebung zu beschreiben. Die Audioqualität beim Musikhören überzeugt mich dennoch mit klarem Klang und überraschend kräftigen Bässen. Die Rokid Glasses verfügen dafür über ein duales Direktional-Lautsprechersystem. Zudem ist ein Array mit 4 Mikrofonen verbaut, das Sprachanweisungen gut erfassen soll. Die KI-gestützte Rauschunterdrückung soll darüber hinaus für klare Telefonate auch in lauter Umgebung sorgen.
Ein besonderes Highlight ist die Google Maps-Integration mit Turn-by-Turn-Navigation im Head-up-Display. Die Richtungsanweisungen werden dezent im Sichtfeld eingeblendet, ohne die normale Sicht zu behindern. Weitere praktische Features umfassen eine Voice-to-Text-Funktion für schnelle Notizen und die automatische Transkription von Meetings mit Identifikation der Stimme.
Technische Basis und Ausdauer
Als Herzstück arbeitet in der Brille ein Qualcomm Snapdragon AR1 Gen 1-Chip, unterstützt von einem NXP RT600-Prozessor für die Spracherkennung. Mit 2 GB RAM und 32 GB internem Speicher ist die Brille solide ausgestattet. Die Verbindung zur Außenwelt erfolgt über Bluetooth 5.3 und Wi-Fi 6.
Der 210 mAh-Akku soll etwa 5-6 Stunden Musikwiedergabe ermöglichen, 4 Stunden Gesprächszeit oder 2 Stunden kontinuierlichen Displaybetrieb. Bei der Daueraufnahme von Videos hält der Akku etwa 45 Minuten durch, so der Hersteller. Das Fast-Charging-System lädt die Brille in nur 20 Minuten vollständig auf. Das optional erhältliche Ladeetui mit 3.000 mAh-Akku verlängert die Nutzungsdauer erheblich und soll die Brille über zehnmal komplett aufladen können.
Bei aller Begeisterung zeigen sich in den ersten Praxistests anderer Tester auch einige Kinderkrankheiten. Die Spracherkennung des „Hi Rokid“-Befehls funktioniert bei englischsprachigen Nutzern noch nicht zuverlässig, während sie bei chinesischen Muttersprachlern problemlos reagieren soll. Das deutet auf Optimierungsbedarf beim Training der Spracherkennungs-KI hin.
Preislich attraktiv positioniert
Mit einem Verkaufspreis von 599 Dollar (506 Euro) bzw. 499 Dollar (420 Euro) für Kickstarter-Unterstützer positioniert sich Rokid oberhalb der günstigeren Ray-Ban Meta, die aktuell ab 330 Euro zu haben ist. Der Kickstarter-Erfolg mit über 500.000 Dollar in nur 24 Stunden zeigt das enorme Interesse an dieser neuen Gerätekategorie mit kleinem Monochrom-Display. Aktuell gibt es über 3.600 Unterstützer, die mit über 2 Millionen Dollar die Produktion unterstützen.
Aber auch Meta schläft nicht. Just mit der Erscheinung dieses Artikels hat der Konzern die Ray-Ban Meta Display vorgestellt – mit Farbdisplay in einem Glas und Gestensteuerung für 799 US-Dollar. Der deutsche Preis steht noch nicht fest, könnte aber laut Quellen ungefähr 950 Euro betragen. Das wäre mehr als doppelt so viel wie die Brille von Rokid mit zwei Monochrom-Displays kostet.
Fazit: Die Zukunft trägt man auf der Nase
Die Rokid Glasses hinterlassen einen durchweg positiven ersten Eindruck. Die Kombination aus federleichtem Design, praktischen AR-Features und umfassenden KI-Funktionen macht sie zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten für den aktuellen Platzhirsch Meta. Besonders das geringe Gewicht, die alltagstaugliche Optik und das populäre KI-Modell ChatGPT könnten entscheidend für die breitere Akzeptanz von smarten Brillen sein. Das minimalistische grüne Display erweist sich als durchdachte Lösung, die visuelle Informationen vermittelt, ohne aufdringlich zu wirken. Die Rokid Glasses haben definitiv das Potenzial, den Durchbruch für smarte Brillen im Massenmarkt zu schaffen – vorausgesetzt, die versprochenen Features halten im Alltag, was sie im ersten Test andeuten.
I found the article insightful, especially the comparison with Ray-Ban Meta and the emphasis on practical AI features like real-time translation. The Rokid Glasses seem like a promising step forward in wearable tech.