Es knirscht gewaltig im Getriebe der Eurobike. Europas größte Fahrradmesse steht nach dem Ausstieg wichtiger Branchenakteure vor einer ungewissen Zukunft. Die beiden zentralen deutschen Fahrradverbände ZIV und Zukunft Fahrrad haben ihre Zusammenarbeit mit der Messe beendet – und ziehen damit 240 Unternehmen mit sich. Auch Schwergewicht Bosch eBike Systems wird 2026 nicht mehr in Frankfurt ausstellen.
Was den Bruch ausgelöst hat
Nach intensiven Verhandlungen mit den Messeveranstaltern zogen die Verbände einen Schlussstrich. Der Vorwurf wiegt schwer: Die notwendigen Änderungen für eine zukunftsfähige Messe würden nicht mit der erforderlichen Konsequenz umgesetzt. Bernhard Lange, ZIV-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführer der Paul Lange GmbH & Co. KG, dem deutschen Shimano-Vertreter, bringt es auf den Punkt: Man habe keine realistische Chance gesehen, die strukturellen und inhaltlichen Anpassungen zu erreichen.
Besonders umstritten ist das geplante Mobifuture-Konzept der Messeveranstalter. Schnelle E-Bikes und schwere Lastenräder sollten künftig in eine separate Veranstaltung ausgegliedert werden. Für die Verbände ein No-Go: Sie fordern stattdessen, die gesamte Vielfalt des Fahrrad-Ökosystems gleichwertig zu präsentieren. Ihr 10-Punkte-Plan aus dem Juli blieb weitgehend ungehört.
Wenn die Schwergewichte gehen
Bosch, traditionell mit einem der größten Messestände vertreten, unterstützt die Verbandsposition. CEO Claus Fleischer formuliert unmissverständlich: Die Branche erwarte grundlegende Änderungen als klares Signal für eine erfolgreiche Zukunft – diese seien nicht erkennbar. Damit endet eine jahrzehntelange Präsenz des Antriebsspezialisten auf der Eurobike.
Noch drastischer könnte es bei Shimano werden. Der japanische Komponentenriese ist über seinen deutschen Generalvertreter Paul Lange seit Jahrzehnten auf der Eurobike präsent – doch auch hier wackelt die Teilnahme. Paul Lange & Co. will erst analysieren, ob und wie man 2026 noch dabei sein wird. Für eine Messe, die auf Aussteller wie Bosch und Shimano angewiesen ist, ein Schlag ins Mark.
Messeleitung verteidigt ihre Entscheidungen
Die Messe Friedrichshafen und die Messe Frankfurt, die gemeinsam die Eurobike organisieren, wirkten von der Kündigung überrascht. Man habe zahlreiche Anregungen aufgegriffen, betont Pressesprecher Frank Gauß – von der angepassten Messedauer bis zu neuen Beteiligungsoptionen. Ein Messebeirat solle die Weiterentwicklung begleiten. Dennoch: Das Vertrauen scheint verspielt.
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Die Planungen für 2026 laufen offiziell weiter. Vom 24. bis 27. Juni soll die Messe stattfinden. „Wir sehen keine Gefahr für die Eurobike“, lautet die Parole aus Friedrichshafen. Ob diese Zuversicht berechtigt ist, wenn zentrale Aussteller und Verbände fehlen, muss sich zeigen.
Die Krise spiegelt den Zustand der Branche
Die Krise der Eurobike ist symptomatisch für den Zustand der gesamten E-Bike-Branche. Nach dem Corona-Boom folgte der Kater: volle Lager, einbrechende Verkäufe, Liquiditätsprobleme. Traditionsmessen verlieren an Bedeutung, während Hersteller zunehmend auf eigene Events setzen.
Die Eurobike, 1991 am Bodensee als Mountainbike-Messe gestartet und zur internationalen Leitmesse aufgestiegen, kämpft seit dem Umzug mit Besucherzahlen unter dem Friedrichshafen-Niveau. Nach leichten Zuwächsen bis 2024 brachen die Fachbesucherzahlen 2025 um 11 Prozent ein. Der Umzug 2022 nach Frankfurt sollte die Wende bringen. Stattdessen verliert die Messe nun ihre wichtigsten Stützen. Ob sie diese Krise übersteht, ist offen. Für die ohnehin gebeutelte Branche kommt der Streit zur Unzeit.


