Ein Berliner Pilotprojekt will den Radverkehr an Kreuzungen entspannen – und könnte bald bundesweit Schule machen. Mithilfe einer einfachen Technik sollen Radfahrer vorab erfahren, ob sie die nächste Ampel bei Grün erreichen – oder ob sie ihr Tempo besser anpassen sollten. Die Testphase startet im September.
VeloFlow: Ampel vor der Ampel für Radfahrer
Wer mit dem Rad unterwegs ist, kennt das Problem nur zu gut: Die Ampel ist grün, aber noch ein gutes Stück entfernt. Wer jetzt kräftig in die Pedale tritt, kann die Kreuzung vielleicht noch überqueren – oder landet im schlimmsten Fall doch vor einer roten Ampel. Das führt dann nicht selten zu abruptem Bremsen, riskanten Manövern und manchmal sogar zu Rotlichtverstößen. Genau hier setzt das Berliner VeloFlow an.
Das System funktioniert vergleichsweise einfach. Rund 200 Meter vor einer Kreuzung informiert ein Display Radfahrer, ob sie bei einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h noch Grün bekommen oder nicht. Die Daten werden von digitalen „Roadside Units“ an der Ampel in Echtzeit ausgelesen und per Funk übertragen. So können Radfahrer frühzeitig entscheiden, ob sie weiter in die Pedale treten oder lieber rollen lassen.
Berlin installiert zunächst 23 dieser Anzeigen, unter anderem an der Invalidenstraße, der Schönhauser Allee und der Kreuzbergstraße. Die Kosten liegen laut dem RBB bei mindestens 3.000 Euro pro Gerät. Hinzu kommen Ausgaben für Stromanschlüsse und die Digitalisierung der Ampelanlagen. 85 Prozent davon übernimmt das Bundesverkehrsministerium, erklärt die Berliner Verkehrsverwaltung.
VeloFlow könnte bundesweit eingeführt werden
Befürworter sehen in VeloFlow einen Schritt zu mehr Sicherheit und Komfort im Radverkehr. Weniger hektisches Beschleunigen und Anhalten bedeutet weniger Sturzgefahr und weniger Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern. Gleichzeitig lässt sich der Verkehrsfluss optimieren, was besonders auf vielbefahrenen Routen von Vorteil ist. Zudem passt die Technik in die Pläne vieler Kommunen, ihre Verkehrsinfrastruktur zu digitalisieren.
Erfahrungen aus der westfälischen Stadt Münster, wo ein ähnliches System bereits im Einsatz ist, fallen überwiegend positiv aus. Dort berichten Radfahrer von einem entspannteren Fahrgefühl und weniger Stop-and-Go. Für Städte mit hohem Radaufkommen könnte VeloFlow also durchaus ein Gewinn sein.
Allerdings könnten hohe Installations-und Betriebskosten kleinere Kommunen abschrecken. Außerdem funktioniert das System nur an modernen Ampelanlagen, sodass in vielen Kommunen zunächst Nachrüstungen erforderlich wären. In Regionen mit geringem Radverkehr dürfte der Nutzen zudem recht überschaubar sein.
Sollte die Testphase in Berlin jedoch deutliche Verbesserungen bei Sicherheit, Verkehrsfluss und Komfort belegen, wäre der Weg für eine bundesweite Einführung geebnet. Dann könnte VeloFlow in vielen deutschen Städten zum Standard werden, als kleines, aber wirksames Element einer fahrradfreundlicheren Verkehrspolitik.