Vor wenigen Jahren galten sie als einer der Motoren für den Boom der E-Bike-Branche: Fast jedes vierte neue E-Bike war ein Leasingrad. Doch die goldenen Jahre sind allmählich vorbei. Branchen-Experten blicken mit Sorge auf aktuelle Entwicklungen und Kunden müssen eventuell bald tiefer in die Tasche greifen. Dabei ist ein Teil des Abwärtstrends sogar hausgemacht.
Diensträder befeuerten einst E-Bike-Boom
Seit 2012 gibt es steuerliche Vorteile beim Leasing von E-Bikes über den Arbeitgeber. Aber erst Anfang dieses Jahrzehnts ging es in diesem Segment steil bergauf.
Angetrieben von der Corona-Pandemie und dem allgemeinen E-Bike-Hype griffen immer mehr Kunden auf Anbieter wie Jobrad, Bikeleasing oder BusinessBike zurück. Sie wollten vor allem teure E-Bikes zu günstigeren Konditionen erwerben.
Laut einer Studie von Deloitte und Zukunft Fahrrad ist der deutsche Dienstradleasing-Markt seit 2020 jährlich im Schnitt um 23 % gewachsen: von 0,7 Milliarden Euro in 2019 auf 3,2 Milliarden Euro in 2023. Doch 2024 zeigt sich ein Plateau: Mit 3,1 Milliarden Euro ging der Umsatz minimal zurück – der große Boom flaute ab.
Während einige Branchenvertreter für das nächste Jahr erneut auf Wachstum hoffen, sehen andere ein bröckelndes Fundament am gesamten E-Bike-Markt.
Entlassungen bei JobRad deuten auf Probleme hin
Ein rasanter Sturz spiegelte sich bisher noch nicht in den offiziellen Zahlen wider, doch die Zeichen auf einen Absturz mehren sich. Fallen die Umsätze bald etwa genauso schnell, wie sie im Boom gestiegen sind?
Eine große Entlassungswelle bei JobRad lässt zumindest einen weiteren Abwärtstrend befürchten. Jobrad plant etwa 170 seiner 850 Mitarbeiter zu entlassen. Etwa 20 Prozent des Deutschen Fahrrad- und E-Bike-Absatzes sollen bis zuletzt über das Unternehmen gelaufen sein.
Doch was ist der Grund für den plötzlichen Kurswechsel? Neben einer allgemein unsicheren Wirtschaftslage könnte es ausgerechnet der einstige Motor der Industrie sein.
E-Bike-Leasing erzeugt keine Kundenbindung
E-Bike-Leasing und der schnelle Boom haben zu einer gewissen Sättigung des Marktes geführt. Viele Leasingnehmer übernehmen ihr Dienstrad nach Ablauf der Laufzeit zu einem vergünstigten Restwert.
Gerade beim E-Bike-Leasing setzten Kunden auf deutlich hochpreisigere – und damit oft auch hochwertigere – E-Bikes. Etwa 2.800 Euro betrug der durchschnittliche Wert eines gekauften E-Bikes im Jahr 2023. Demgegenüber steht ein Durchschnittswert von 3.500 Euro bei Leasing-E-Bikes im selben Jahr.
Solche Modelle halten nach dem Leasingzeitraum oft noch einige Jahre. Eventuell ist trotz guter Pflege höchstens ein neuer Akku vonnöten. Eine langfristige Kundenbindung aufzubauen, fällt den Leasinganbietern dadurch schwer. E-Bike-Leasing ist somit weniger ein Dauervertrag, sondern eher eine einmalige Angelegenheit.
Für Kunden kann es teurer werden
Zusätzlich sind zu Boom-Zeiten viele Anbieter auf den rasant wachsenden Markt aufgesprungen und sorgen nun für Konkurrenzdruck. Der Markt wird sich entsprechend konsolidieren und einige Unternehmen abwerfen.
Gesättigte Märkte und eine angespannte wirtschaftliche Lage: Die gesunkene Nachfrage versuchen viele Leasinganbieter durch höhere Provisionen abzufangen. Dies wiederum übt Druck auf die E-Bike-Händler aus.
Eine Marge, an der sie genug verdienen, ist nur durch höhere Preise möglich, die sie an die Kunden weitergeben müssen. Einzelne Händler gehen sogar dazu über, für Leasing-Bikes leichte Aufschläge zu nehmen, um das eigene Angebot zu stärken.
Doch noch eine weitere Entwicklung zeichnet sich ab: Leasinganbieter begegnen der gesunkenen Nachfrage mit teilweise höheren Übernahmekosten für E-Bikes. Statt die E-Bikes nach Ablauf des Leasingzeitraums zu kaufen, könnte das die Kunden in neue Leasingverträge locken.
Die gebrauchten E-Bikes vermarkten einige Anbieter dann auf eigenen Plattformen oder mit Partnern im Gebrauchthandel. Auch dies erhöht langfristig den Druck auf etablierte E-Bike-Händler.
