Das Jobobike Transer sieht auf dem Papier nach dem perfekten Alltagsrad für Familien aus: zwei riesige Akkus, viel Zubehör, robuster Rahmen und ein modularer Aufbau. Wir haben uns im Alltagstest angesehen, ob alles so durchdacht ist, wie es scheint. Wo das stylische E-Lastenrad überzeugt – und wo es an entscheidenden Stellen schwächelt – klärt dieser ausführliche Test.
Jobobike Transer: gute Lieferung & schneller Aufbau
Beim Transer handelt es sich um ein sogenanntes Longtail-E-Bike, also ein relativ kompaktes Rad, mit einem langgezogenen Gepäckträger mit hoher Zuladung. Dass dieses Konzept ziemlich praktisch sein kann, hat schon unser Test des RadWagon4 von Radpowerbikes (leider nicht mehr in DE erhältlich) gezeigt.
Das Jobobike Transer kam in einem großen Karton und war sehr ordentlich verpackt. Kein Transportschaden, nichts wackelte, alles war ordentlich fixiert. Auch der Aufbau war erfreulich unkompliziert: Schutzbleche, Lenker, Pedale – alles schnell montiert und viele Schrauben saßen schon dort, wo sie hingehören. So sollte es sein.
Optik & Verarbeitung: Solide, aber wetteranfällig
Optisch macht das Rad sofort einen guten Eindruck. Der Rahmen wirkt solide verarbeitet, die Farbe ist gelungen. Die Schweißnähte sind zwar nicht geschliffen, aber sauber gezogen. Was sofort ins Auge sticht, sind die Holz-Elemente, die dem Transer einen besonderen Look verleihen. Ohne Zweifel empfinde ich das als schick. Wie sich im Test zeigt, sind die von Werk aus mit einer Wachsschicht geschützten Designkomponenten aber auch anfällig.
Gerade im urbanen Alltag, wenn das Rad öfter draußen steht, sind die Teile schnell verwittert und bei mir nach kurzer Zeit verschimmelt – zumindest das Holz am vorderen Korb. Wer das Rad regelmäßig draußen abstellt, sollte das im Hinterkopf behalten und die Holzteile gelegentlich nachbehandeln. Insbesondere der Korb sollte bei schlechtem Wetter lieber abgenommen und im Innenraum gelagert werden. Laut Hersteller kommt bei den neuen Chargen nach den Anmerkungen aus diesem Review ein neues Hartholz zum Einsatz, welches resistenter gegen Umwelteinflüsse sein soll.
Die erste Fahrt mit dem Jobobike Transer
Die erste Probefahrt zeigte sich mit Licht und Schatten. Positiv: Das Fahrverhalten vom Transer ist trotz seines Gewichts erstaunlich gut, auch ohne Motorunterstützung. Negativ: Der Sattel ist etwas hart und nicht besonders komfortabel – und das war nicht nur mein Eindruck, sondern auch der meiner Partnerin.
Die Sitzposition ist insgesamt gewöhnungsbedürftig. Der Lenker ist sehr gerade, hoch und breit, der Vorbau lang. Zwar ist der Vorbau im Winkel einstellbar, für mich ergibt sich durch den wenig ergonomischen Lenker dennoch keine richtig komfortable Sitzposition. Wer größer als 1,75 m ist, könnte außerdem Probleme bekommen, was eine vernünftige Beinstreckung betrifft. Der Sattel lässt sich leider nicht weit genug herausziehen, was vermutlich darin begründet liegt, dass eine gefederte Sattelstütze verbaut ist, die leider etwas kurz ist. Ein Komfortfeature, das hier eher zum Nachteil wird.
Zwei Akkus, ein Problem
Eine Besonderheit am Jobobike Transer sind sicherlich die Batterien. Zwei 624-Wh-Akkus mit LG-Zellen versorgen den Hinterradnabenmotor, der 250 Watt und 65 Nm Drehmoment leistet. Was ich etwas kurios fand war, dass der Ladestand nach der Lieferung ca. 65 % betrug. Nach einigen Tagen Standzeit wollte ich eine weitere Testfahrt machen, doch beide Akkus waren komplett tiefenentladen. Seitdem ist das Problem zwar in dieser Form nicht wieder aufgetreten, trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl. Um einer Tiefenentladung vorzubeugen, empfiehlt der Hersteller, die Akkus alle zwei Wochen nachzuladen.
Fahrverhalten: Viel Kraft, etwas wenig Feintuning
Sind die Akkus voll, liefert das Transer ordentlich ab. Die Unterstützung ist angenehm gleichmäßig, ein Drehmomentsensor sorgt für eine natürliche Fahrweise. Es gibt fünf Unterstützungsstufen, die gut abgestimmt sind. Auch die Anfahrhilfe über einen Gashebel ist im Alltag praktisch, gerade mit Zuladung. Zudem kann die Anfahrhilfe über einen kleinen Schalter aktiviert und deaktiviert werden, was für einige Situationen hilfreich sein kann.
Was mir nicht so gut gefällt ist die Abstimmung der Übersetzung. Ab etwa 20 km/h wird die Trittfrequenz ziemlich hoch. Wer schneller fahren will, muss ordentlich kurbeln – und das bei einem Rad, das laut Hersteller rund 44 kg Gewicht auf die Waage bringt. Hier wäre aus meiner Sicht eine längere Übersetzung sinnvoll gewesen. Insbesondere, da das Transer mit einem kraftvollen Motor und viel Energie durch das Dual-Akku-System bestens dafür ausgelegt ist. Gerade im Alltag will ich mit einem solchen E-Bike nämlich eher entspannt mitrollen.
Jobobike Transer im Alltagstest mit Einkauf
Bei diesem Test habe ich bewusst versucht, Alltagssituationen zu kreieren und nicht nur die Ausstattungsdetails zu beleuchten. Dabei offenbarten sich leider kleine Schwächen. Vorne kann ein optional erhältlicher Korb montiert werden, der sich über ein Quick-Fix-System leicht anbringen und wieder abnehmen lässt. Das ist prinzipiell super und unheimlich gut durchdacht. Doch bei einer Beladung an der Belastungsgrenze von 15 kg auf dem vorderen Gepäckträger wird es auf dem Transer ungemütlich.
Das Fahrverhalten wurde schwammig und selbst für einen erfahrenen Fahrer wird es dann schwierig, die Hand zum Abbiegen zu heben. Das könnte in diesem Fall jedoch daran liegen, dass auch der hintere Gepäckträger ordentlich beladen war. Bei einer Referenzfahrt, ausschließlich mit 10 kg Gewicht auf dem vorderen Gepäckträger, ließ sich das Transer gut fahren. Aufgrund des eleganteren Designs wurde bei der neuen Version auf einen externen Lenkungsdämpfer verzichtet. Für das beschriebene Fahrverhalten unter Last sammelt die Marke derzeit jedoch Feedback und prüft mögliche Optimierungen. Denkbar wäre zukünftig eine verstärkte oder einstellbare Dämpferversion als optionales Zubehör.
Hinten ist die Situation entspannter: Dort gibt es stabile und breite Fußablagen für Kinder und der große Gepäckträger kann individuell gestaltet werden. Im Shop sind beispielsweise Haltegeländer für Kinder sowie ein komplettes Regenverdeck für den hinteren Bereich erhältlich. Ich habe dagegen einen großen Transportkorb (ebenfalls Zubehör) getestet. Dieser wird fest verschraubt und bietet ordentlich Platz. Die Zuladung ist mit insgesamt bis zu 200 kg großzügig angegeben. Lädst du den Einkauf hinten auf, macht auch der Rahmen keine Probleme.
Der Zweibeinständer wurde hinsichtlich der Stabilität bereits überarbeitet und ist für Alltagssituationen gut geeignet. Unter voller Beladung würde ich mir allerdings noch etwas mehr Robustheit wünschen. Gerade auf unebenem Grund könnte das Rad unter Umständen nach vorne kippen, wenn die Kinder hinten anfangen zu zappeln und sich das Gewicht verlagert. Aus diesem Grund sollten Kinder jedoch auch nie unbeaufsichtigt auf dem Rad sitzen.
Ausstattung & Zubehör: Vielseitig und gut durchdacht
Das große Display ist gut ablesbar und zeigt alle nötigen Informationen wie Tageskilometer, Maximal- und Durchschnittsgeschwindigkeit, Akkustand und Unterstützungsstufe. Die Remote wirkt etwas klobig, ist aber funktional. Die hydraulischen Scheibenbremsen von Gemma greifen kräftig zu und lassen sich gut dosieren. Auch die 20-Zoll-Reifen mit 3-Zoll-Breite tragen zum Fahrkomfort bei, ohne übertrieben nach Fatbike auszusehen.
Positiv ist wie bereits angesprochen das modulare Zubehörsystem: Neben dem Frontkorb und der Kinderausstattung gibt es weitere Optionen wie Seitenspiegel, Adapter für normale Kindersitze oder eine Thermobox für Delivery-Anwendungen. Das alles wirkt durchdacht und lässt sich je nach Alltagssituation gut anpassen, befindet sich preislich allerdings im oberen Mittelfeld. Mit dem Rabattcode ‚ebikenews‘ gibt Jobobike jedoch 6 % Rabatt ohne Mindestbestellwert.
Für wen lohnt sich das Jobobike Transer?
Der Alltagstest hinterlässt bei mir ein gemischtes Bild. Einerseits gefällt mir die Grundidee: ein leistungsstarkes Lastenrad mit großem Akku und hoher Reichweite, cleverem Zubehör und solidem Aufbau. Andererseits bietet die Ergonomie noch Verbesserungspotenzial. Der Sattel ist zwar schnell durch einen besseren ersetzt, doch insgesamt ist die Sitzposition wenig durchdacht und die Beladung vorne wirkt instabil. Bei 2.799 Euro laut UVP in der Grundausstattung liegt das Transer schon im oberen Preissegment.
Wer auf ein tolles Design steht, variable Einsätze plant und sich nicht von ergonomischen Kompromissen abschrecken lässt, könnte hier aber fündig werden. Zudem sind die meisten Ersatz- und Zubehörteile direkt im offiziellen Jobobike Onlineshop verfügbar. Erhältlich ist das Jobobike Transer im eigenen Onlineshop für derzeit 2.599 Euro. Die Fertigung sowie der Versand erfolgt laut Herstellerangaben aus Polen. Das Transer erfüllt die geltenden EU-Vorgaben für E-Bikes und ist entsprechend am Rahmen gekennzeichnet. Eine spannende, allerdings in der EU nicht ganz legale Alternative könnte das Lankeleisi Wombat (Test) sein.